Vom Spitzenkoch zum ausgeglichenen Produktionsmitarbeiter
Portrait Marcin Paciorkowski
Marcin Paciorkowski hat viele Leidenschaften: Kochen und Angeln gehören dazu. Er liebt es, Zeit mit seiner Familie zu verbringen. «Ein Mensch ohne Leidenschaft und ohne Hobbys kann nicht richtig funktionieren – nach der Arbeit
ist ein Reset nötig», so Marcin.
Mit seiner Familie lebt Marcin in einem Haus auf dem Land, in der Nähe von Mszczonów. Natur ist ihm wichtig. «Mein Leben hat sich sehr verändert. Mehr als 20 Jahre lang war die Gastronomie meine grosse Leidenschaft und mein Beruf. Ein Schlüsselerlebnis hat mich bewogen, mein Leben von einem auf den anderen Tag komplett umzustellen », erzählt der 39-Jährige.
Marcin machte seinen Abschluss an einer der besten Gastronomieschulen, Eugeniusz Pijanowski in Warschau. Als Hauptfach belegte er kulinarische Technologie. 26 Studierende bewerben sich hier im Schnitt für einen Studienplatz. Marcin wurde angenommen. Nach seinem Abschluss arbeitet er in Hotels wie dem Sheraton, dem Bristol und dem Le Regina. Er arbeitete mit berühmten Köchen wie Amaro, Kurt Scheller, Karol Okrasa und Gessler zusammen. Das Kochen ist seit Kindheit seine Leidenschaft, in der er sich vollkommen verwirklicht. «Ich erinnere mich, dass mein erster Weihnachtswunsch ein Backset war, mit Nudelholz und kleinen Formen. Im Alter von acht Jahren habe ich angefangen, für die ganze Familie zu kochen. Beim Einkaufen wählte ich die Produkte selbst aus», berichtet Marcin.
Mit viel Leidenschaft, Talent und grossem Engagement kommt der Erfolg. Marcin kocht für die Elite von Polen. Er ist neun Jahre lang Küchenchef im Stacja Kultury und leitet vier Abteilungen mit 12 Mitarbeiter*innen. «Was einem die grösste Befriedigung verschafft und einen zum Handeln antreibt, ist die Zufriedenheit der Gäste, die Wertschätzung durch den Kunden. Wenn man bei einem Bankett in den Saal gebeten wird und Standing Ovations bekommt, das ist schon was!», erinnert er sich. Marcin war immer motiviert, seiner Leidenschaft nachzugehen. Es ging ihm nie ums Geld. Es gelang ihm, ein fantastisches Team zusammenzustellen. Er steckte die Menschen mit seiner Leidenschaft und seinen Ambitionen an. Der Erfolg war gross. Die Basis dafür sieht Marcin im Teamgeist.
Aber die Arbeit in der Gastronomie hat ihre dunkle Seite. Unerbittliche Regeln, ständiger Personalmangel und eine enorme Verantwortung lasteten auf Marcin. Er arbeitete unter grossem Druck und hatte nie freie Wochenenden. «Ich arbeitete 12 bis 17 Stunden am Tag und hatte ein oder zwei freie Tage im Monat. Das Schlimmste dabei war, dass ich auch ausserhalb der Arbeit immer gedanklich bei der Arbeit war. Es war ein grosser Stress, aber auch ein Rausch, aus dem ich mich nur schwer befreien konnte. Ich war süchtig nach meinem Job und der Anerkennung», so Marcin.
Eines Tages, kurz nach 23 Uhr, kam Marcin von der Arbeit nach Hause. Seine kleine Tochter war noch wach und wartete auf ihn. Sie kam auf Marcin zu und fragte: «Papa, kommst du uns dann manchmal besuchen?» «Es war ein grosser Schock für mich. Ich war erschüttert von ihrer Frage. Es fühlte sich an, wie wenn jemand einen Eimer eiskaltes Wasser über mich geleert hätte. In diesem Moment beschloss ich, mein Leben komplett zu ändern », berichtet Marcin emotional.
Am nächsten Tag empfahl ihm ein befreundeter Koch einen Job bei IGP. Alles ging ganz schnell. Marcin hängte seine Arbeit als Spitzenkoch an den Nagel und startete bei IGP als Produktionsmitarbeiter. Das war vor zwei Jahren. «Ich hörte auf, mir vorzumachen, dass das, was ich tat, das Beste für meine Familie war. Ich sah mich damals zu Unrecht als Opfer der Situation. Dann begriff ich, dass meine Lieben noch mehr litten. Das wollte ich nicht. Ich konnte meine Familie nicht verlieren», erzählt Marcin. Die Veränderung in seinem Leben war dramatisch. Er änderte sein Leben um 180 Grad. Und: Er bereut die Entscheidung nicht. Marcin gewann seine Familie, seine Kinder und seine Frau zurück – aber auch sich selbst. Jetzt hat er Zeit für Familie und Hobbys.
«Ich habe erkannt, dass nicht unser Job uns definiert, sondern unsere Einstellung zur Arbeit, zur Verantwortung und unsere Werte», konkludiert Marcin. Die Leidenschaft für Perfektion und Höchstleistung hat Marcin nicht ganz losgelassen. Er stellte in der Produktion auf Linie 6 einen Zeitrekord auf, der bisher ungebrochen ist.