VR216 – IGP Beschichtungspulver mit Metallinterferenzpigmenten
Einleitung
Effektpulverlacke mit Metallinterferenzpigmenten werden bei der IGP unter der Bezeichnung „Melted Metal“ in einer Verarbeitungsgruppe zusammengefasst. Sie stellen im Vergleich zu Uni- Pulverlacken höhere Ansprüche an die Verarbeitung.
Bei der Verarbeitung von Effektpulverlacken haben die Auslegung der Beschichtungsanlage und die Applikationsparameter einen wesentlichen Einfluss auf das Beschichtungsergebnis. Fehler führen zu Farbton- und Effektunterschieden und erzeugen ein uneinheitliches Beschichtungsergebnis.
Um den Anwendern eine Hilfestellung bei der fehlerfreien Verarbeitung von IGP-Effektpulverlacken der Melted Metal Verarbeitungsgruppe zu geben, wurde die Verarbeitungsrichtlinie VR 216 verfasst. Metallinterferenzpigmente enthaltende hochwertige IGP-Effektlacke sind erkennbar am Buchstaben „M“ an 5. Stelle des Produktschlüssels. Sie werden hinsichtlich ihrer Verarbeitung der IGP-Effektkategorie 2-STAR** zugeordnet. Die Verarbeitungskategorie Ihres Produktes erkennen Sie an den Sternen auf dem Gebindeetikett Ihres Pulverlackes
Auftragsorganisation
Eine Charge - eine Applikationsanlage
Werden die Bauteile direkt nebeneinander verbaut, so empfehlen wir die für die Beschichtung des gesamten Auftrages benötigte Pulvermenge zu ermitteln sowie eine gewisse Reserve einzuplanen und den gesamten Auftrag mit einer gefertigten Charge zu beschichten. Dies minimiert Farb- und Effektunterschiede bei der Beschichtung des kompletten Auftrages.
Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die Applikation mit Geräten verschiedener Hersteller (bedingt durch unterschiedliche Kennlinien der Hochspannungserzeuger) differierende Ergebnisse bezüglich Farbton und Effektausbildung ergeben.
Elektrostatikparameter wie z. B. die Höhe der eingestellten Hochspannung, die Einstellung der Strombegrenzung (µA), der Einsatz von Ableitringen sowie die Verarbeitung von Effektpulverlacken mit gegensätzlicher Polarität (Tribo-Beschichtung: Polarität positiv, Korona-Beschichtung: Polarität negativ) beeinflussen die Farbton- und Effektausbildung signifikant. Die Beschichtungskabine ist eine weitere Einflussgrösse. Im Gegensatz zu Stahlkabinen wird bei Kunststoff- und Glaskabinen ein Abfliessen von elektrostatischer Ladung durch isolierende Kabinenwände verhindert. Die Folge sind unterschiedliche Beschichtungsresultate hinsichtlich Farbton und Effektausbildung.
Das Bearbeiten eines Auftrages auf verschiedenen Kabinentypen ist zu vermeiden. Beim Bearbeiten einer bestimmten Kommission dürfen an der Beschichtungsanlage keine Änderungen der Verarbeitungs- bzw. der Applikationsparameter vorgenommen werden. Einmal als optimal ermittelte Anlagendaten bzw. Applikationsparameter müssen dokumentiert und unbedingt eingehalten werden. Diese Vorgehensweise und Einstellungen der Parameter müssen auch bei der Beschichtung von Folgeaufträgen eingehalten werden.
Wir empfehlen dringend, die Herstellung von Grenzmustern zur Prüfung auf Übereinstimmung mit dem bestellten Farbton (Eingangskontrolle!), sowie zur Überwachung von Farbton- und Effektbild während der gesamten Produktion. Eine Überprüfung auf etwaige Abweichung von den Toleranzgrenzen muss bei geeigneten Lichtverhältnissen beschichteter Teile erfolgen (Ausgangskontrolle).
Verarbeitung
Eine automatische Beschichtung ist einer manuellen Beschichtung immer vorzuziehen. Eine im Teilautomatikbetrieb notwendige Handapplikation soll grundsätzlich immer als Vorbeschichtung durchgeführt werden.
Bei einer reinen Handbeschichtung ist, bedingt durch einen ungleichmässigen Pulverauftrag, mit Farbton- und Effektschwankungen sowie Wolkenbildung zu rechnen.
Die Handbeschichtung muss daher auf jeden Fall mit den Ergebnissen der Automatikbeschichtung abgestimmt werden. Bei beidseitig zu beschichtenden Objekten (z. B. Profilen) ist die Hauptsichtseite zuletzt zu beschichten.
Die Verarbeitung von Beschichtungspulver mit Metallinterferenzpigmenten sollte grundsätzlich mit Korona-Pistolen mit elektrostatischer Aufladung in negativer Polarität ohne Ableitringe erfolgen.
Die Sprühabstände zwischen Objekt und Pistole sollten grösser als 350 mm sein.
Eine Verarbeitung auf Vertikalanlagen ist bedingt möglich, wenn der Sprühabstand eingestellt werden kann und Werte grösser 300-350mm möglich sind. Ist dies nicht möglich, wird die Beschichtung auf Vertikalanlagen nicht empfohlen.
In jedem Fall sind vor Produktionsbeginn praktische Versuche notwendig.
Besondere Hinweise zu Spülluft und Pistolenabständen
Für eine sichere Verarbeitung und der Vermeidung von Pulveranlagerungen in der Sprühdüse, wird empfohlen, die Gesamtluft bzw. die Dosierluft um ca. 0.5-1.0 m³/h zu erhöhen.
Vorrangig sollte immer zuerst die Gesamtluft erhöht werden, bevor die Spülluft angepasst wird. Dieser Schritt muss ggf. wiederholt werden, bis keine Anlagerungen mehr erkennbar sind. Zusätzlich sollte die Spülluft bzw. Pistolenluft (Bezeichnung bei jedem Anlagen-Hersteller verschieden) um ca. 0.1-0.2m³/h erhöht werden. Zu Beginn des Beschichtungsvorgangs soll nach 1-2 Minuten Sprühzeit, bzw. 1-2 Gehängen, die Beschichtung unterbrochen und die Sprühdüsen auf Pulveranlagerungen überprüft werden.
Werden Anlagerungen in der Sprühdüse festgestellt, so sollte die Gesamt- bzw. Dosierluft weiter erhöht werden, bis keine Anlagerungen mehr erkennbar sind. Sind die Anlagerungen nur punktuell an der Elektrode zu erkennen, so sollte die Spül- bzw. Pistolenluft in kleinen Schritten weiter erhöht werden. Hierbei sollte ein Wert von ca. 0.4 m³/h nicht überschritten werden.
Verbleiben die Anlagerungen an der Elektrode, kann dies zu einer stark abweichenden Oberflächen- und Effektausprägung führen.
Es wird empfohlen, die Pistolen vor Beschichtung der ersten Werkstücke, für ca. 30 - 60 Sekunden sprühen zu lassen.
Besondere Hinweise zu Hochspannung und Schichtdicke
Während der Beschichtung ist vor allem auf geometrischen Bauteilen auf eine gleichmässige Schichtstärke zu achten. Zur Erreichung eines ansprechenden Verlaufs werden ca. 95 µm empfohlen.
Um ein möglichst gleichbleibendes Effektbild zu erhalten, wird für Artikel im silbrigen Farbbereich empfohlen, höhere Spannungen 80-100kV zu nutzen.
Je nach Farbton kann es auch notwendig sein, den Vor- und Nachlauf (Vor-/Nachsprühen) der Pistolen zu erhöhen.
Nach Möglichkeit sollte die Beschichtung aller Bauteile auf einmal geschehen und nicht auf verschiedene Etappen aufgeteilt werden.
Rückgewinnung
Bei Pulveranlagen mit Zyklonrückgewinnung werden feinste Pulverkörner und Effektpartikel im Zyklon nicht abgeschieden und dem Pulver kontinuierlich entnommen. Diese Entnahme hat eine Verschiebung im Verhältnis der Effektpartikel zum Grundton zur Folge.
Um Farbtonveränderungen durch Effektverluste während der Beschichtung gering zu halten, kann die Verarbeitung von Metallinterferenzprodukten nur im reinen Verlustbetrieb ohne Rückgewinnung erfolgen.
Bei einer automatischen Beschichtung mit entsprechender Losgrösse kann, je nach Kategorisierung des Farbtons eine gewisse Menge an Rückgewinnungspulver zudosiert werden. Bitte beachten Sie hierzu die Tabelle am Ende des Dokuments. Für diesen Fall empfehlen wir, vor Produktionsstart Grenzmuster zu erstellen und diese während der gesamten Produktion zur Kontrolle von Farbton und Effekt einzusetzen. Bei einer Abweichung von Farbton und Effekt ist der Anteil von Frischpulver dementsprechend zu erhöhen.
Empfohlen wird, schon vor Beschichtungsbeginn einen Teil des Pulvers durch die Rückgewinnung zu fördern, um bereits während der Beschichtung des ersten Objektes ein stabiles Gemisch aus Frisch- und Rückgewinnungspulver einzusetzen.
Wartung und Reinigung der Anlage
Um die Reproduzierbarkeit von Beschichtungsergebnissen an der Beschichtungsanlage zu gewährleisten, müssen an der gesamten Anlage die vom Hersteller empfohlenen Wartungsarbeiten zum Austausch von Verschleissteilen in den dafür vorgesehenen Intervallen durchgeführt werden. Diverse Funktionsprüfungen, wie z.B. das Überprüfen der Hochspannung, müssen in regelmässigen Abständen erfolgen.
Ist der Verschleiss der Bauteile erhöht, besteht eine erhöhte Neigung zu Anlagerungen von Pulver an und in der Sprühdüse, die zu Spuckerbildung auf den Bauteilen führen kann.
Aufhängung der Teile
Die Aufhängung der Werkstücke ist vor der Beschichtung festzulegen (waagrecht oder senkrecht). Die Zwischenabstände der Beschichtungsobjekte innerhalb des Gehänges sowie die Abstände zwischen den Gehängen sollten einen möglichst geringen und gleichmässigen Abstand aufweisen. Bei grossen Abständen zwischen den Gehängen empfiehlt es sich, die Pistolen über eine Teileerfassung automatisch zu-bzw. abzuschalten.
Zusätzlich ist darauf zu achten, dass stets möglichst ähnliche Werkstücke zusammen beschichtet werden.
Einbrennen
Unterschiedliche Einbrenntemperaturen und Aufheizgeschwindigkeiten der Teile müssen vermieden werden, ebenso wie dick- und dünnwandige Teile nicht durcheinander beschichtet werden dürfen. Das empfohlene Einbrennfenster ist unbedingt einzuhalten.
Erdung
Bei der Verarbeitung von Beschichtungspulvern mit Metallinterferenzpigmenten ist besonders auf eine ausreichende Erdung zu achten. Diese Massnahme trägt wesentlich zu einer gleichmässigen Konstanz der Farbton- und Effektausbildung bei.
Empfehlungen zur Verarbeitung von IGP-Beschichtungspulver mit Metallinterferenzpigmenten
Die hier gegebenen Werte sind „Empfehlungen“. Bei der Verarbeitung von Produkten mit Metallinterferenzpigmenten müssen die Verarbeitungsparameter der Beschichtungsanlage an das jeweils zu verarbeitende „Produkt“ angepasst werden.
| Anlagen bzw. Verarbeitungsparameter (Geräte/ Zubehör) | Einstellung (Parameter) nach Kategorisierung ** | Mögliche Auswirkung (Bemerkung) |
| Hochspannungseinstellung (Pistole) kV | 60 - 80 90-100 für Farben im silbrigen Farbbereich | Einstellberreich für Verarbeitung |
| Strombegrenzung µA (Pistole) | Ca. 10 µA bei ausreichender Aufladung 10 - 30 µA, falls Aufladung zu gering | Reduziert mögliche Randverfettung, verhindert Bildung von Orangenhaut |
| Gesamtluft m³/h / Förder + Dosierluft (Innendurchmesser Pulverschlauch) | Erhöhung um 0.5-1.0m³/h im Vergleich zu anderen IGP-Perlglimmerpulverlacken | Verhindert Anlagerungen in der Sprühdüse und Spuckerbildung. Bei Erstbeschichtung nötige Werte prüfen! |
| POE Pulverschlauch mit integrierter Erdung (Injektor Pistole) | Injektor erden | verhindert eine elektrostatische Aufladung des Pulvers im Pulverschlau |
| Düse (Pistole) mit Flachstrahldüse | Empfehlung Spülluft 0.2-0.3m³/h | Verhindert Anlagerungen an der Elektrode und Spuckerbildung |
| Düse (Pistole) mit Prallteller | Nach Prüfung geeignet | Muss für jede Anlage und Artikel durch Beschichter geprüft werden |
| Verarbeitung mit / ohne Ableitring (Pistole) | Verarbeitung ohne Ableitring empfohlen | Spuckerbildung bei Verarbeitung mit Ableitring möglich |
| Sprühabstand Beschichtung (Pistole-Werkstück) | > 350 mm | gleichmässige Schichtstärkenverteilung / verhindert Streifenbildung |
| Beschichtung mit Tribopistolen (Pistolen) | nicht geeignet | deutliche Farbabweichungen möglich |
| Pulverförderung aus fluidisiertem Behälter | gut geeignet, Fluidluft je nach Bedarf | gleichmässige Pulverförderung und Pulverwolke |
| Pulverförderung aus dem Karton | bedingt geeignet | zum Teil leicht unregelmässige Förderung und dadurch unregelmässige Schichtstärke/Effektausbildung. |
| Sieben mit US- Sieb (Siebmaschine) | mit Maschenweite > 140µm geeignet | bessere Fluidisierung, gleichmässigere Applikation |
| Maximaler Anteil Rückgewinnungspulver im Kreislaufbetrieb ohne Prüfung des Farbtons | 0% | verhindert Farbtonabweichungen während dem Beschichtungsbetrieb |
| Maximaler Anteil Premium-Bond Rückgewinnungspulver im Kreislaufbetrieb mit Vorabprüfung des Farbtons | ≤ 20 % | verhindert Farbtonabweichungen während des Beschichtungsbetriebs |
Empfehlungen zur Verarbeitung von IGP-Perlglimmereffekten
Die hier gegebenen Werte sind „Empfehlungen“. Bei der Verarbeitung von Metallinterferenzpigmenten müssen die Verarbeitungsparameter der Beschichtungsanlage an das jeweils zu verarbeitende „Produkt“ angepasst werden.
| Anlagen bzw. Verarbeitungsparameter (Geräte / Zubehör) | Einstellung (Parameter) nach Kategorisierung ** | Mögliche Auswirkung (Bemerkung) |
| Verarbeitungsparameter (Steuergerät-Programm) dokumentieren | dringend empfohlen | Verhindert Fehleinstellungen bei erneuter Beschichtung |
| Vorab Grenzmuster | Testbeschichtung dringend empfohlen | Parameter für eine fehlerfreie Beschichtung müssen vorab ermittelt werde |
| Beschichtung auf verschiedenen Beschichtungsanlagen | Testbeschichtung dringend empfohlen | verschiendene Beschichtungsanlagen erzeugen zum Teil abweichende Effektausprägungen |
| Manuelle Vorbeschichtung der Werkstücke im teilautomatischen Betrieb | dringend empfohlen | geringere Neigung zu Farbabweichungen und Streifen- bzw. Wolkenbildung |
| Manuelle Nachbeschichtung der Werkstücke im teilautomatischen Betrieb | nicht empfohlen | erhöhte Neigung zu Farbabweichungen und Streifen- bzw. Wolkenbildung |
| Reine Handbeschichtung | nach Machbarkeitsprüfung möglich | bei ungleichmässiger Beschichtung starke Neigung zu Farbabweichungen und Wolkenbildung |