VR202 – IGP Grobstruktur und Hammerschlageffekte
Einleitung
Diese Art Beschichtungspulver ergeben Oberflächen mit einer relativ groben, nicht rauhen und deutlich ausgebildeten Struktur. Die Ausbildung der Strukturgrösse und -prägung ist sehr abhängig von der applizierten Schichtdicke (niedrige Filmdicke ergibt feinere Strukturen, hohe Schichtdicke ergibt gröbere Strukturen).
Auf Grund dieser Oberflächenausprägung werden besondere Anforderungen an den Beschichter gestellt. Um den Anwendern eine Hilfestellung bei der fehlerfreien Verarbeitung von IGP-Grobstrukturen und Hammerschlageffekten zu geben, wurde die Verarbeitungsrichtlinie VR 202 verfasst.
Da es sich bei IGP-Hammerschlagpulvern um effektmittelhaltige Pulver handelt, sind diese ebenfalls in die fünf Verarbeitungskategorien eingestuft. Die Verarbeitungsklasse Ihres Produktes erkennen Sie an den Sternen auf dem Gebindeetikett Ihres Pulverlackes.
IGP-Grobstruktur-und Hammerschlagpulverlacke sind mit einer "2" an der dritten Stelle des IGP Produktschlüssels (Bsp: 792S) gekennzeichnet.
Auftragsorganisation
Eine Charge - eine Applikationsanlage
Werden die Bauteile direkt nebeneinander verbaut, so empfehlen wir die für die Beschichtung des gesamten Auftrages benötigte Pulvermenge zu ermitteln sowie eine gewisse Reserve einzuplanen und den gesamten Auftrag mit einer gefertigten Charge zu beschichten. Dies minimiert Farb- und Effektunterschiede bei der Beschichtung des kompletten Auftrages.
Das Bearbeiten eines Auftrages auf verschiedenen Kabinentypen ist zu vermeiden. Beim Bearbeiten einer bestimmten Kommission dürfen an der Beschichtungsanlage keine Änderungen der Verarbeitungs- bzw. der Applikationsparameter vorgenommen werden. Einmal als optimal ermittelte Anlagendaten bzw. Applikationsparameter müssen dokumentiert und unbedingt eingehalten werden. Diese Vorgehensweise und Einstellungen der Parameter müssen auch bei der Beschichtung von Folgeaufträgen eingehalten werden.
Zur Sicherung der geforderten Strukturausbildung wird vor der Bearbeitung des Auftrages die Erstellung von Grenzmustern empfohlen. Diese Grenzmuster sollten während der gesamten Produktion zur Überwachung der Strukturausprägung, des Glanzes und des Farbtons herangezogen werden. Bei komplizierteren Geometrien kann es zusätzlich nötig sein, eine Vorabserie (Mockup) zu beschichten, um eine gleichbleibende Oberflächenausprägung zu gewährleisten.
Vorbehandlung des Untergrunds
Bei Beschichtungen mit Strukturpulvern ist eine besonders sorgfältige Reinigung des metallischen Untergrundes erforderlich: Reste von Öl, Fett, Graphit oder Schweisshilfsmitteln ergeben Störungen, die sich durch eine unterscheidende Oberflächenspannung deutlich als grosse dunkle Kontaminierung an der Filmoberfläche zeigen oder aber eine Strukturbildung verhindern können.
Verarbeitungsgruppen
Da die Ausprägung der Struktur massgeblich von der Schichtstärke ausgeht muss während der Beschichtung auf eine möglichst gleichbleibende Schichtstärkenverteilung geachtet werden. Für eine ansprechende Oberflächenausprägung und ein ausreichendes Deckvermögen werden gemittelte Schichtstärken von mindestens 90-110μm empfohlen.
Bei hellen, roten, gelben und orangen Farbtönen ist eine vollständige Abdeckung des Untergrundes bei o.g. Schichtdicken nicht zu gewährleisten. Zur Abdeckung des Untergrundes ist eine Vorbeschichtung im entsprechenden Farbton zu empfehlen (2-Schichtaufbau).
Schwankungen in der Struktur werden vor allem durch Randverfettung (zu hohe Schichtstärke) oder durch zu geringe Schichtstärke in Innenkanten verursacht. Um Randverfettung zu vermeiden empfiehlt es sich, die Hochspannungseinstellungen, sowie die Hubbewegung und den Vor- bzw. Nachlauf der Pistolen möglichst genau auf das Werkstück anzupassen. Da die Hubbewegung, Vor- und Nachlauf stark von der Bauteilgeometrie, sowie der Anordnung der Beschichtungspistolen beeinflusst werden, können keine allgemeinen Empfehlungen getroffen werden.
Für die Hochspannung werden mittlere Einstellungen 60-80kV empfohlen, zudem kann mit einer Strombegrenzung von ca. 10μA die Randverfettung reduziert werden. In einigen Fällen können nach Überpüfung auch Ableitringe verwendet werden.
Ist durch die Teilegeometrie (tiefe Innenwinkel) keine gleichmässige Schichtstärke möglich, so wird eine zusätzliche manuelle Beschichtung nötig. Diese kann sowohl als Vor- wie auch als Nachbeschichtung erfolgen. Eine reine Handbeschichtung ist möglich, allerdings ist hierbei auf eine gleichmässige Beschichtung zu achten.
Rückgewinnung
Grundsätzlich sind Uni-Grobstrukturpulverlacke für die Rückgewinnung geeignet. Pulverlacke mit Hammerschlageffekt können nach Vorabprüfung des Farbtons auch mit einem gewissen Anteil Rückgewinnungspulver verarbeitet werden. Hierzu ist die untenstehende Tabelle zu beachten. Besonders zu beachten ist die gründliche Reinigung der gesamten Beschichtungsanlage: Pistolen, Schläuche, Pulverkabine etc., vor dem Einfüllen eines Grobstrukturpulvers, wie auch beim Wechsel zurück auf andere Pulverqualitäten.
Beim Wechsel von einem glattverlaufenden Beschichtungspulver auf Grobstrukturpulver, um eine Kontaminierung der Struktur zu vermeiden: Die Verschmutzung eines Grobstrukturpulvers mit andersfarbigen glattverlaufenden Beschichtungspulvern fällt besonders stark auf, weil sich die kontaminierenden Partikel der glattveraufenden Pulver in der Schmelzphase auf dem strukturierten Untergrund spreizen, d.h. sich um den Faktor 5-10 der ursprünglichen Partikelgrösse vergrössern.
Beim Wechsel von Grobstrukturpulver auf glattverlaufendes Beschichtungspulver, um Oberflächenstörungen wie Krater, Nadelstiche oder mangelhaften Verlauf vorzubeugen, wird auf jeden Fall empfohlen, nach dem Farbwechsel die Pulverschläuche ausreichend mit dem neuen Pulver zu spülen (Versprühen von Pulver ohne Werkstück in der Kabine). Zusätzlich können Verlaufs oder Benetzungsprobleme reduziert werden, wenn vor und nach dem grobstrukturierten Produkt ein Pulver mit Feinstruktur verarbeitet wird.
Wird trotz gründlicher Reinigung und Spülung der Pulverschläuche die Kontamination der Pulver nicht vermieden, kann es nötig sein, für die Grobstrukturpulver eigene Pulverschläuche an der Kabine zu installieren und diese beim Farbwechsel zu tauschen. Je nach Anlagenhersteller ist dies mit wenigen Handgriffen möglich.
Wartung und Reinigung der Anlage
Um die Reproduzierbarkeit von Beschichtungsergebnissen an der Beschichtungsanlage zu gewährleisten, müssen an der gesamten Anlage die vom Hersteller empfohlenen Wartungsarbeiten zum Austausch von Verschleissteilen in den dafür vorgesehenen Intervallen durchgeführt werden. Diverse Funktionsprüfungen, wie z. B. das Überprüfen
der Hochspannung, müssen in regelmässigen Abständen erfolgen.
Aufhängung der Teile
Die Aufhängung der Werkstücke ist vor der Beschichtung festzulegen (waagrecht oder senkrecht). Die Zwischenabstände der Beschichtungsobjekte innerhalb des Gehänges sowie die Abstände zwischen den Gehängen sollten einen möglichst geringen und gleichmässigen Abstand aufweisen. Bei grossen Abständen zwischen den Gehängen empfiehlt es sich, die Pistolen über eine Teileerfassung automatisch zubzw. abzuschalten. Zusätzlich ist darauf zu achten, dass stets möglichst ähnliche Werkstücke zusammen beschichtet werden.
Einbrennen
Je nach Masse der zu beschichtenden Werkstücke und der Temperaturführung im Einbrennofen, ergeben sich unterschiedliche und ungleichmässige Strukturen, resultierend aus Schmelzviskosität und Reaktionszeit. Daraus ergibt sich, dass unterschiedliche Einbrenntemperaturen und Aufheizgeschwindigkeiten vermieden werden sollten, ebenso wie dick- und dünnwandige Teile nicht durcheinander beschichtet weren sollen
Matte Strukturlacke erhalten nur die geforderte Oberfläche und Glanzwerte, wenn sie den Angaben entsprechend eingebrannt werden. Zu kurzes oder zu niedriges Einbrennen ergibt Oberflächen mit zu hohem Glanz und ungenügenden mechanischen Eigenschaften. Zu langes und zu hohes Einbrennen kann zu Farbtonveränderungen (Effektpulverlacke), zu Vergilbung und zu matteren Oberflächen führen.
Um Probleme durch unregelmässiges Aufheizen der Bauteile zu vermeiden, sollten unterschiedliche Einbrenntemperaturen, sowie das gleichzeitige Einbrennen von dick- und dünnwandigen Teilen vermieden werden.
Das empfohlene Einbrennfenster ist unbedingt einzuhalten. Zur Sicherstellung der Qualität wird bereits zur Grenzmustererstellung eine Ofenmessung empfohlen.
Es sind die Einbrennbedingungen aus den technischen Merkblättern zu beachten.
Erdung
Wie bei der Beschichtung von allen Pulverlacken ist auch bei der Beschichtung von Grobstrukturen und Hammerschlageffekten auf eine ausreichende Erdung zu achten.
Diese trägt mit zu einer gleichmässigen Abscheidung des Pulvers auf dem Werkstück und somit zu einer homogenen Strukturausprägung bei.
Mitgeltende Unterlagen
Es sind die jeweiligen Technischen Merkblätter der Produktgruppen zu beachten.
Beständigkeiten und technische Daten
Diese sind den entsprechenden Merkblättern zu entnehmen.
Empfehlungen zur Verarbeitung von IGP-Grobstruktur und Hammerschlagprodukten
Die hier gegebenen Werte sind „Empfehlungen“. Bei der Verarbeitung von IGP-Grobstrukturen und Hammerschlagpulvern müssen die Verarbeitungsparameter der Beschichtungsanlage an das jeweils zu verarbeitende Produkt angepasst werden.
| Anlagen bzw. Verarbeitungsparameter (Geräte / Zubehör) | Einstellung (Parameter) nach Gruppen A / ** | Mögliche Auswirkung | |
| Uni / Sprenkel-Produkte Gruppe A | Perlglimmer- ** | ||
| Hochspannungseinstellung (Pistole) | 50 - 80 kV | 60-80 kV | Einstellbereich für Verarbeitung |
| Einstellbereich für Verarbeitung | 80 μA → < 10 µA → | → Für Normalbetrieb → Reduziert Randverfettung | |
| Gesamtluft m3/h / Förder + Dosierluft (Innendurchmesser Pulverschlauch) | 12 mm = 5 m3/h 11 mm = 4 m3/h 10 mm = 3 m3/h | verhindert ein Pulsieren der Pulverwolke, sichert eine optimale Zerstäubung. | |
| POE Pulverschlauch mit integrierter Erdung (Injektor Pistole) | Injektor erden | verhindert eine elektrostatische Aufladung des Pulvers im Pulverschlauch. | |
| Düse (Pistole) mit Flachstrahldüse | geeignet | gute Tiefenwirkung, gleichmässige Zerstäubung. | |
| Düse (Pistole) mit Prallteller | geeignet | reduzierte Tiefenwirkung | |
| Verarbeitung mit / ohne Ableitring (Pistole) | mit oder ohne geeignet | Verarbeitung nur mit oder nur ohne | reduziert Rücksprüheffekte |
| Sprühabstand Beschichtung (Pistole-Werkstück) | ≥ 250 - 300 mm | ≥ 300 mm | gleichmässige Beschichtung- Reduziert unregelmässige Schichtstärken |
| Beschichtung mit Tribopistolen (Pistolen) | nicht geeignet | Ungenügende Aufladung des Pulvers | |
| Pulverförderung aus fluidisierten Behälter | gut geeignet, Fluidluft nach Bedarf | gleichmässige Pulverförderung und Pulverwolke | |
| Pulverförderung aus dem Liefergebinde | bedingt geeignet | zum Teil leicht unregelmässige Förderung. Gefahr ungleichmässiger Schichtstärke | |
| Sieben mit US- Sieb (Siebmaschine) | mit Maschenweite >140μm geeignet | bessere Fluidisierung, gleichmässigere Applikation | |
| Maximaler Anteil Rückgewinnungspulver im Kreislaufbetrieb ohne Prüfung des Farbtons | Uni: ≤ 90% | 0% | Verhindert Farbtonabweichungen während des Beschichtungsbetriebs |
| Sprenkel: ≤ 15% | |||
| Maximaler Anteil Mica-Bond Rückgewinnungspulver im Kreislaufbetrieb mit Vorabprüfung des Farbtons | nicht anwendbar | ≤ 10% | Verhindert Farbtonabweichungen während des Beschichtungsbetriebs |
| Maximaler Anteil Premium-Bond Rückgewinnungspulver im Kreislaufbetrieb mit Vorabprüfung des Farbtons | nicht anwendbar | nicht anwendbar | Verhindert Farbtonabweichungen während des Beschichtungsbetriebs |
| Verarbeitungsparameter (Steuergerät- Programm) dokumentieren | möglich | empfohlen | Erleichtert Reproduzierbarkeit der Beschichtungsergebnisse |
| Vorab Grenzmuster erstellen | möglich | dringend empfohlen | Verhindert, dass zu starke Farbton- und Strukturabweichungen nachträglich beanstandet werden können |
| Beschichtung auf verschiedenen Beschichtungsanlagen | möglich | nach Abgleich möglich | Verschiedene Beschichtungsanlagen erzeugen zum Teil abweichende Effekt- und Strukturausprägungen |
| Manuelle Vorbeschichtung der Werkstücke im teilautomatischen Betrieb | möglich | möglich | Bei Innenwinkeln nötig |
| Manuelle Nachbeschichtung der Werkstücke im teilautomatischen Betrieb | möglich | möglich | Bei Innenwinkeln nötig |
| Reine Handbeschichtung | nach Machbarkeitsprüfung möglich | nach Machbarkeitsprüfung möglich | Bei ungleichmässiger Beschichtung starke Neigung zu Struktur- und Effektabweichungen |
** Verarbeitungskategorie der Effektprodukte gemäss TI000